Historiker wissen heute von rund 200 Orten, an denen Roma, Zigeuner und Sinti während des Zweiten Weltkriegs auf dem von Deutschland besetzten polnischen Gebiet von den Deutschen hingerichtet wurden. In Wirklichkeit waren es viel mehr. Die Vernichtung der Roma, die oft als Porajmos bezeichnet wird, stand bis in die 1980er Jahre im Schatten des Holocausts an den Juden. Dann wurde die Welt dank aufgeklärter Roma-Aktivisten auf das tragische Schicksal der von den Deutschen ermordeten Vertreter dieser Minderheit aufmerksam. Die Roma starben nicht nur bei Hinrichtungen, sondern auch im Lager Auschwitz-Birkenau.
Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte die Roma-Gemeinschaft überwiegend nomadisch und vertrat eine orale (analphabetische) Kultur. Unter anderem aus diesen Gründen und wegen ihrer geringen Größe (etwa 40.000) interessierten sich nur wenige Menschen und Institutionen in Polen für ihre Existenz. Unter den Roma-Gruppen wie den Kalderascha, den Lovara, den Polska Roma und den Bergitka Roma gab es einige, die eine halbnomadische oder sesshafte Lebensweise führten. Eine solche sesshafte Gemeinschaft lebte u. a. in Szczurowa, wo polnische und Roma-Familien in Harmonie miteinander lebten und sogar gemischte polnisch-romanische Ehen geschlossen wurden. Davon zeugen auch die gemeinsamen Fotos, die sie bei Familienfeiern machen. Die Roma von Szczurowa beschäftigten sich mit Schmieden und Musizieren und halfen den örtlichen Bauern bei der Feldarbeit. Sie waren eine kleine Gruppe von etwa 100 Personen.
Leider wurde die friedliche Existenz der Einwohner dieses Dorfes durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Am Morgen des 3. Juli 1943 umstellten die Deutschen die Gehöfte der Roma am Rande des Dorfes Szczurowa und führten anschließend eine Massenexekution der Roma-Bewohner durch. Damals wurden 93 Menschen getötet. Die Aktion stand unter dem Kommando des deutschen Militärpolizisten Engelbert Guzdek. Die Roma wurden auf dem Friedhof erschossen. Eine der wenigen Überlebenden der Hinrichtung war Krystyna Ciuroń, die nach dem Krieg als Krystyna Gil bekannt wurde. Bezeichnenderweise versuchten die Einheimischen, das Verbrechen an ihren Roma-Nachbarn zu verhindern, aber ihre Maßnahmen waren erfolglos. Es gelang ihnen, nur ein paar Personen zu helfen.
An die Ermordung der Roma erinnert ein Denkmal in Szczurowa — wahrscheinlich das erste Denkmal der Welt, das errichtet wurde, damit die Erinnerung an den Holocaust an den Roma nicht verloren geht. Auf dem 1956 errichteten Denkmal ist jedoch nicht zu lesen, dass es an den tragischen Tod der Roma erinnert. Dies warf doch kein schlechtes Licht auf die Einheimischen, die den Roma sehr nahe standen und sie wie andere Einwohner behandelten. Die Inschrift auf dem Denkmal erinnert an die „während der Nazi-Besatzung ermordeten Einwohner von Szczurowa”.