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Ein moderner Blick auf eine Nation ohne Staat — Bolesław Prus (1847 – 1912)

von Dignity News
Bolesław Prus (Aleksander Głowacki) wurde zu einem der populärsten und bekanntesten polnischen Roman- und Novellenautoren. Der Autor von „Lalka” (dt. „Die Puppe”) war aber auch ein hervorragender Kolumnist, Publizist und Herausgeber von Zeitschriften, in denen er versuchte, bei den Polen, die zu seiner Zeit keinen unabhängigen Staat hatten, ein nüchternes und modernes Denken über wirksamen Patriotismus zu fördern.

In seinem Artikel „Was ist Patriotismus?” erklärte Prus, dass der Patriotismus Individuen derselben Nationalität zusammenbringt und diesem Kollektiv den Charakter einer Nation verleiht, d. h. eines Ganzen, das einem lebenden Organismus ähnelt. In Bezug auf die Nation hat der Patriot „die Pflicht, sich für alles einzusetzen, was für ihr Wohlergehen von Bedeutung ist”. So konnte ein Pole in der Gefangenschaft der Teilungsmächte das Land nicht loswerden, sondern behielt und versuchte, seinen Besitz zu vermehren. Prus ermutigte zur Beteiligung am Aufbau des Wohlstands, forderte ehrliche Arbeit und die Förderung der nationalen Bildung. Seine Empfehlungen basierten auf den positivistischen Idealen der Mitgestaltung des Allgemeinwohls durch den Einzelnen und des Strebens des Kollektivs nach Entwicklung. Mit eben diesen Themen, die er mit Patriotismus und den Mechanismen der Gesellschaft verband, beschäftigte er sich auch in seinen Romanen. In „Placówka”  (dt. „Der Vorposten”) beispielsweise thematisierte er die deutsche Kolonisation, mit der sich die polnischen Bauern auf polnischem Boden auseinandersetzten. In „Faraon” (dt. „Pharao”) analysierte er die Mechanismen des Staates und die in ihm stattfindenden Transformationen.

Prus, der am Januaraufstand teilnahm, äußerte seine ambivalente Haltung gegenüber nationalen Aufständen als Weg zur Unabhängigkeit. Er kannte ihre Wirkungslosigkeit und wurde Zeuge der verheerenden Folgen nach ihrem Ende, als die Teilungsmächte wegen der Teilnahme an den Aufständen Repressionswellen starteten. Dem bewaffneten Kampf der Polen sei keine umfassende Vorbereitung des Kollektivkörpers vorausgegangen, betonte er. Prus‘ Unterstützung für harte Arbeit, um dauerhafte und wirksame Siege für die Nation zu erringen, bedeutete keine Loyalitätserklärung gegenüber den Teilungsmächten und kein Aufgeben der Unabhängigkeitsbestrebungen. Der Publizist vertrat die Ansicht, dass diesen Bemühungen die Entwicklung wirksamer zivilisatorischer Werkzeuge vorausgehen müsse.

Der Schriftsteller versuchte auch, seine Ideen in die Praxis umzusetzen, und beteiligte sich aktiv an verschiedenen sozialen Initiativen, die die Selbstorganisation der Polen fördern sollten. Die Vielzahl der von ihm unterstützten, initiierten und inspirierten Einrichtungen zeugt von der Wirksamkeit und Stärke seines patriotischen Wirkens für die Nation. Durch den Ausbau seiner organisatorischen Fähigkeiten konnte die polnische Nation das notwendige Kapital für die Wiedererlangung ihrer Unabhängigkeit aufbauen, die sechs Jahre nach Prus‘ Tod erreicht wurde.

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