Vor 80 Jahren, am 18. Januar 1943, haben die Soldaten der Heimatarmee (Armia Krajowa, AK) in einer perfekt vorbereiteten und gewagten Aktion das deutsche Gefängnis in Pińsk angegriffen und etwa 40 Häftlinge befreit. Sie taten dies praktisch ohne eigene Verluste, obwohl die deutschen Streitkräfte in der Stadt mindestens 3000 Soldaten zählten.
Im November 1942 verhafteten die Deutschen zwei Soldaten der geheimen Spezialeinheit der polnischen Armee „Cichociemni” (https://dignitynews.eu/de/cichociemni-die-elite-der-soldaten-des-polnischen-untergrundstaates/): Hauptmann Alfred Paczkowski alias „Wania” und Oberlutnant Mieczysław Eckhardt alias „Bocian” sowie Piotr Downar alias „Azor”. Diese Soldaten wurden in ein Gefängnis in Pińsk (heute Weißrussland) gebracht, wo sie einer brutalen Untersuchung durch die Gestapo unterzogen wurden. In der AK-Zentrale in Warschau wurde beschlossen, die Gefangenen zu befreien.
Mit dieser Aufgabe wurde ein anderer Soldat der geheimen Spezialeinheit betraut, Leutnant Jan Piwnik alias „Ponury”. Zunächst ging man davon aus, dass es möglich sein würde, die Gefangenen freizukaufen, aber „Ponury” beschloss nach einer Erkundung, die Kontrolle über das Gefängnis mit Gewalt zu übernehmen. Drei weitere Soldaten der Einheit nahmen an der Aktion teil: Oberleutnant Jan Rogowski alias „Czarka”, Oberleutnant Wacław Kopisto alias „Kra” und Leutnant Michał Fijałka alias „Kawa”.
Anfang Januar 1943 befand sich die bewaffnete Gruppe zunächst in Brest und dann in Pińsk. Hier wurde beschlossen, AK-Soldaten aus Brest in die Aktion einzubeziehen. Um deutsche Repressalien gegen die lokale Bevölkerung zu verhindern, wurde vereinbart, dass die Verschwörer während des Angriffs auf das Gefängnis nur Russisch oder Deutsch sprechen werden. Außerdem wurde vor Ort ein Fluchtweg abgesteckt und ein Feldlazarett für die Verwundeten vorbereitet.
Am 18. Januar 1943, um 17 Uhr, fuhr ein Auto mit der deutschen Polizeiautonummer vor das Gefängnisgebäude. Darin befanden sich vier Soldaten der Heimatarmee unter der Führung von „Ponury”. Einer der Soldaten, der als SS-Mann verkleidet war, befahl in fehlerfreiem Deutsch dem Wachmann, das Tor sofort zu öffnen. Zu diesem Zeitpunkt überwanden zwei weitere Gruppen unter dem Kommando von „Czarka” und „Kawa” mit Hilfe von Leitern den fünf Meter hohen Zaun, besetzten die Räume der Gefängnisverwaltung und töteten den Gefängniskommandanten und seinen Stellvertreter. Der Rest des Personals wurde gefesselt und geknebelt, und die Gefangenen wurden aus ihren Zellen entlassen. Oberleutnant Eckhardt „Bocian“ – einer der Häftlinge, der für das Hauptquartier der Heimatarmee sehr wichtig war – hat diesen Moment leider nicht mehr erlebt. Insgesamt wurden etwa 40 Gefangene wieder in die Freiheit entlassen.
Interessanterweise wurden der Plan und die Durchführung der Aktion später bei alliierten Diversionskursen als Modell gezeigt.