Im Januar 1945 befahlen die Deutschen die Evakuierung des Konzentrationslagers Auschwitz. Diese Aktionen hatten den Charakter von Deportationen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Todesmärsche bezeichnet wurden. Dieser Begriff spiegelt das Ziel der deutschen Politik gegenüber Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen besser wider. Die Idee war, dass der Marsch selbst zu einer möglichst hohen Sterblichkeitsrate der Gefangenen führen würde. Viele von ihnen überlebten die Zwangsevakuierung nicht. Sie starben an den tragischen Bedingungen: Kälte, Hunger, extreme Erschöpfung und die Grausamkeit der SS-Männer.
Als die Truppen der Sowjetunion an der Ostfront gegen die deutsche Armee zu siegen begannen und immer schneller nach Westen vorrückten, begann die deutsche Besatzungsarmee ab April 1944 mit den Vorbereitungen für die Evakuierung der Lager. Die ersten, die zum Evakuierungsmarsch gezwungen wurden, waren die Häftlinge von Majdanek.
Die Evakuierung der Häftlinge aus Auschwitz begann am 17. Januar 1945. Unter den Evakuierten befanden sich kranke und durch die tragischen Bedingungen geschwächte Häftlinge sowie Kinder. Einige hatten bis zu 250 km zu Fuß zurückzulegen. Die Evakuierten wurden von SS-Soldaten bewacht.
Die harten Bedingungen während des Marsches, die Erschöpfung und Krankheit sowie die von den deutschen Wachen begangenen Morde machten die Evakuierung zu einem Todesmarsch. Massenhafte Gräueltaten waren an der Tagesordnung. So wurde zum Beispiel am 22. Januar 1945 unweit der Stadt Rybnik ein Zug mit rund 2500 Häftlingen nachts auf dem Bahnhof angehalten. Am Nachmittag gab es einen Befehl von den Deutschen: Aussteigen! Einige waren jedoch vom Transport so erschöpft, dass sie die Waggons nicht verlassen konnten. Die SS-Soldaten reagierten auf diesen Ungehorsam mit Schüssen, die etwa 300 Menschen das Leben kosteten.
Entlang der Marschroute halfen Polen und Tschechen den Gefangenen. Einigen gelang es, sich vor einem schrecklichen Schicksal zu retten. Diejenigen, die während des Zwangsmarsches ums Leben kamen, wurden entlang des Weges begraben, wie zum Beispiel ein Mädchen, dessen Überreste 1965 in Pszczyna entdeckt wurden. Das Kind wurde mit einem Zinnbecher begraben, den es mit der Hand umklammerte.
Bis zum 21. Januar 1945 hatten die Deutschen rund 56 000 Häftlinge aus Auschwitz evakuiert. Zwischen 9000 und 15 000 von ihnen überlebten den Todesmarsch nicht. Die übrigen wurden in andere Lager gebracht, darunter Mauthausen und Buchenwald, wo die Deutschen ihnen ebenfalls die Hölle heiß machten.
Etwa 7000 Häftlinge blieben in Auschwitz. Wegen extremer Erschöpfung konnten sie nicht an dem Evakuierungsmarsch teilnehmen. 10 Tage nach der ersten Evakuierung trafen die sowjetischen Truppen in Auschwitz ein.