Vor dem Zweiten Weltkrieg war Zbysław Roehr ein polnischer Industrieller. Ab 1939 lebte er in den USA, wo er ein Unternehmen gründete, das medizinische Geräte, darunter auch Einwegkanülen, herstellte und den amerikanischen Markt eroberte. 1964 würdigte die American Medical Association die Einwegkanüle als eine der wichtigsten medizinischen Innovationen des letzten Vierteljahrhunderts.
Zbyslaw Roehr wurde 1902 in Lemberg geboren, wo er vor dem Krieg als Direktor der Interessengemeinschaft für Bergbau und Hüttenindustrie tätig war. Der 1929 gegründete Konzern wurde bis Ende der 1930er Jahre zum größten Bergbau- und Hüttenunternehmen Polens und erwirtschaftete fast 40 % der gesamten Hüttenproduktion der gesamten Zweiten Polnischen Republik. Nach der Besetzung Polens durch das Dritte Reich und die Sowjetunion liquidierten die deutschen Besatzer die Gemeinschaft, und ihr Vermögen wurde von deutschen Unternehmen beschlagnahmt.
Roehr flüchtete Ende 1939 in die USA. Dort gründete er 1940 The Roehr Products Company in Waterbury (Bundesstaat Connecticut). Die Firma war auf die Herstellung von Spritzen und wiederverwendbaren Injektionsnadeln spezialisiert. Innerhalb von drei Jahren stieg das Unternehmen in rasantem Tempo auf den dritten Platz unter den amerikanischen Nadelherstellern auf.
Die Produktion von medizinischen Geräten wurde bis 1955 ununterbrochen fortgesetzt, als Waterbury von einer Überschwemmung heimgesucht wurde. Da dadurch die Produktionslinie zerstört wurde, beschloss Roehr beim Wiederaufbau des Werks die Einführung von Innovationen, die sich als entscheidend herausstellen sollten.
Die wiederverwendbare Injektionsnadel, die er bisher produzierte, war aus rostfreiem Stahl gefertigt. Sie war in einen Bronzehalter eingebettet, der mit Nickel beschichtet war, damit die Bronze nicht mit den verabreichten Medikamenten reagiert. Eine solche Nadel hatte einen hohen Preis — sie kostete zwischen 2 und 3 Dollar pro Stück.
Wie Sławomir Łotysz — Autor des Buches „Polnische Erfinder“ — schrieb, bestand das Experiment von Roehr in der Ersetzung der vernickelte Bronze durch billigeres Aluminium. Dadurch konnten die Kosten für die Spritze auf 2,5 Cent pro Stück gesenkt werden, was 70 Mal weniger war als bei der wiederverwendbaren Version. Die innovative Lösung führte dazu, dass das Unternehmen auf den zweiten Platz der Liste der größten Hersteller von Injektionsnadeln in den USA aufstieg.
Zum Zeitpunkt des größten Wachstums seines Unternehmens, d. h. Ende der 1950er Jahre, beschloss Roehr, es zu verkaufen: Zunächst wurde das Werk vom Konzern Brunswick Corp. und dann von Sherwood Medical Industries übernommen.
Die geschäftliche Tätigkeit hinderte Roehr nicht daran, sich in der polnischen Gemeinschaft zu engagieren. Er gründete u. a. eine Stiftung, die polnische Erfinder unterstützen sollte, und benannte sie nach seiner Ehefrau Wanda Roehr.