Nach der Veröffentlichung der Daten zur Inflation im April, die im Jahresvergleich auf 12,4 Prozent gestiegen ist (von 11 Prozent im März 2022), schätzen Wirtschaftswissenschaftler, dass der Höchststand — im Juni oder Juli — 13-15 Prozent erreichen könnte. Der Wert von 12,4 % bedeutet, dass die Inflation in Polen nun den höchsten Stand seit 24 Jahren erreicht hat.
Nach Angaben des polnischen Statistischen Zentralamtes (GUS) war der Anstieg der Verbraucherpreisinflation im April vor allem auf die Verteuerung von Lebensmitteln (um 4,4% gegenüber dem Vormonat) und Energieträgern (um 9,2%) zurückzuführen. Analysten zufolge sei der Preisanstieg bei diesen Waren auf verschiedene Schocks auf den Weltmärkten zurückzuführen, die durch den anhaltenden Krieg in der Ukraine verursacht worden seien.
„Wir gehen derzeit davon aus, dass die durchschnittliche jährliche Inflation im Jahr 2022 bei 12-13% liegen wird, mit einem Höchststand von 14-15 % zur Jahresmitte, wobei das Risiko in Richtung einer noch höheren Inflation geht”, prognostiziert Kamil Łuczkowski, Wirtschaftsexperte der Bank Pekao.
Das Analystenteam von PKO BP prognostiziert ebenfalls einen weiteren Anstieg der Inflation.
„Sie wird bis Juni/Juli weiter ansteigen und dann einen Höchststand von ca. 13% erreichen. 2022 rechnen wir mit einem durchschnittlichen Preisanstieg von über 11%. Der Verlauf des Inflationspfads ist für den geldpolitischen Rat entscheidend, der erklärt hat, dass er die Zinssätze so lange anheben wird, wie die aktuelle Inflation ansteigen wird”, teilte das Team mit.
Laut Jakub Rybacki, Analyst des Polnischen Wirtschaftsinstituts (PIE), werde die Inflation vor allem aufgrund der Faktoren steigen, die bisher ihr hohes Niveau beeinflusst haben, wobei der Verbraucherpreisindex im Jahr 2022 im Durchschnitt um 11,6 Prozent steigen werde.
„Die Inflation wird sich in den kommenden Monaten aufgrund der steigenden Lebensmittelpreise beschleunigen. Infolge der russischen Aggression und der Dürre in Europa werden die Lebensmittelpreise nach den Sommerferien fast 20 Prozent höher sein als im letzten Jahr”, so Rybacki in 300gospodarka.pl.
Nach Ansicht der Ökonomen der ING Bank Śląski, Rafał Benecki und Adam Antoniak, sei der Anstieg der Inflation im April jedoch nicht nur auf die Lebensmittelpreise zurückzuführen. Ihrer Ansicht nach sei der Preisanstieg in der polnischen Wirtschaft breiter angelegt und greife auf andere Preiskategorien über, von denen viele nicht von den Inflationsbekämpfungszielen der Regierung betroffen seien.
Darüber hinaus betonen die Analysten, dass die Unternehmen unter den Bedingungen einer stark expansiven Finanzpolitik keine Probleme hatten, die steigenden Rohstoff- und Lohnkosten in die Preise ihrer Produkte zu übertragen. Ökonomen zufolge werde der geldpolitische Rat im Juni die Zinsen zum neunten Mal in Folge anheben — wahrscheinlich wieder um 75 Basispunkte.
Arkadiusz Słomczyński i. A.