Vor 140 Jahren wurde Marceli Handelsman (1882-1945) in Warschau als Sohn einer assimilierten jüdischen Familie, die dem Polentum verbunden war, geboren.
Ursprünglich wählte er den Beruf des Rechtsanwalts. Er brach jedoch seine Ausbildung zum Juristen ab und ging nach Berlin, um Geschichte zu studieren. Dort engagierte er sich in der sozialistischen Bewegung.
Im Jahr 1906 zog er nach Paris und dann nach Zürich, wo er in Philosophie promovierte. Nach einer Europareise kehrte er 1912 nach Warschau zurück, wo er seine sozialen Aktivitäten fortsetzte, Vorträge bei der Gesellschaft für wissenschaftliche Kurse hielt und das Kabinett der historischen Wissenschaften sowie die Bibliothek der Warschauer Wissenschaftlichen Gesellschaft leitete. Im Jahr 1915 wechselte er an die Universität Warschau und wurde Leiter des Lehrstuhls für Neuere Geschichte. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens wurde er Direktor des Archivs für alte Dokumente (Archiwum Akt Dawnych) und nahm gleichzeitig am polnisch-bolschewistischen Krieg teil. Er war Mitbegründer und Vizepräsident des Forschungsinstituts für nationale Angelegenheiten und Vorsitzender der Kommission für Historischen Atlas. Als Mitorganisator des 7. Internationalen Kongresses der Geschichtswissenschaften im Jahr 1933 lud er eine jüdische Delegation zur Teilnahme ein.
Er wurde bekannt als Experte für die Entwicklung des polnischen Rechts im Mittelalter, die neuere Geschichte, insbesondere die Aktivitäten der polnischen Emigration in Frankreich und die polnisch-französischen Beziehungen. Er arbeitete mit der Diplomatie zusammen, z. B. mit Außenminister August Zaleski. Er bediente sich einer breit angelegten vergleichenden Analyse, und sein Buch „Historyka” (1921) ist ein grundlegendes methodologisches Lehrbuch für Geschichtsforscher geworden. Er hinterließ Dutzende von Werken über das Recht, das polnische politische System und die internationalen Beziehungen sowie eine Reihe von Schülern, bedeutenden Historikern (darunter der Chronist des Warschauer Ghettos Emanuel Ringelblum, Artur Eisenbach, Ludwik Widerszal, Aleksander Gieysztor, Tadeusz Manteuffel).
Während des Zweiten Weltkriegs tauchte er unter, hielt Vorträge, schrieb wissenschaftliche Abhandlungen und politische Analysen für das Informations- und Propagandaamt der Heimatarmee (Armia Krajowa, AK). Im Juli 1944 wurde er von den Deutschen verhaftet und zunächst im Gefängnis und dann im Konzentrationslager Groß-Rossen inhaftiert, von wo aus er nach Dora-Nordhausen gebracht wurde, wo er kurz vor der Befreiung des Lagers starb.