Das polnische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im zweiten Quartal 2022 um 5,3% im Jahresvergleich, verglichen mit einem Wachstum von 8,5% im ersten Quartal 2022, wie es sich aus einer Schnellschätzung des Statistischen Zentralamtes von Polen (Główny Urząd Statystyczny, GUS) ergibt. Im Vergleich zum Vorquartal sank das BIP im zweiten Quartal um 2,3%.
Nach Ansicht der Experten des Polnischen Wirtschaftsinstituts (Polski Instytut Ekonomiczny, PIE) sei die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal weiterhin stark gewesen, doch in der zweiten Jahreshälfte werde es zu einer Verlangsamung kommen. Experten gehen davon aus, dass die Gesamtwachstumsrate im Jahr 2022 im Vergleich zur Europäischen Union hoch sein werde.
Ihrer Ansicht nach würden die folgenden Quartale eine deutliche Verlangsamung mit sich bringen — sie erwarten, dass das Wirtschaftswachstum im 3. Quartal ungefähr 3% betragen werde. Wie sie berichteten, zeigen die monatlichen Informationen, dass die Industrie sich relativ gut entwickle. Allerdings sei eine deutliche Verlangsamung im Baugewerbe und eine Stagnation im Handel zu verzeichnen.
„Wir prognostizieren, dass das Wirtschaftswachstum für das gesamte Jahr 2022 leicht über 4,5% liegen wird, was im Vergleich zu den EU-Ländern ein gutes Ergebnis ist”, behaupten die PIE-Analysten. Sie stellten fest, dass Polen nach Schätzungen der Europäischen Kommission zu den fünf am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in der Gemeinschaft gehören werde.
Der leitende Ökonom der ING Bank Śląski, Piotr Popławski, stellt fest, dass eine technische Rezession (ein Rückgang des BIP in zwei aufeinander folgenden Quartalen) wahrscheinlich sei.
„Die Komponenten des BIP werden erst Ende August bekannt sein, aber die Investitionen und die Nettoexporte haben wahrscheinlich schwache Ergebnisse erreicht. Der Verbrauch ist nach wie vor hoch, was jedoch weitgehend auf den Zustrom von über 2 Millionen Flüchtlingen aus der Ukraine zurückzuführen ist”, so Popławski.
Nach Ansicht des Bankanalysten zeigen die Daten zu den Einzelhandelsumsätzen in der Regel eine schwächere Nachfrage, beispielsweise nach langlebigen Gebrauchsgütern, und eine starke Nachfrage nach Gütern des täglichen Bedarfs.
„Das heutige Ergebnis sowie die eingehenden Daten, z. B. aus Deutschland, erhöhen das Risiko, dass das BIP-Wachstum im Jahresvergleich im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 unter Null fallen wird”, so die Einschätzung des Ökonomen.
Arkadiusz Słomczyński