„Gemeinsam mit dem Präsidenten haben wir im Rahmen unseres erweiterten Sicherheitsausschusses gestern Abend beschlossen, dass wir die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 4 prüfen, und wenn diese gegeben sind, hat unser Botschafter die volle Befugnis, sich auf diesen Artikel zu berufen”, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Mittwoch, dem 16. November, in der Sendung „Gość Wiadomości” des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP auf die Frage nach der Möglichkeit, ein Verfahren nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrags einzuleiten.
Der polnische Regierungschef wies darauf hin, dass sie aufgrund des Ablaufs der Ereignisse und der in der Nacht eingegangenen Informationen zu dem Schluss gekommen seien, dass es sich um keinen vorsätzlichen Angriff gehandelt habe. „ Wir haben daher auf Artikel 4 nicht zugegriffen, doch wir waren drauf vorberietet, und dieses Vorgehen stieß auf das volle Verständnis aller unserer Verbündeten”, fügte Morawiecki hinzu.
In Artikel 4 des Vertrags heißt es: „Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist”. Die Aktivierung des Artikels 4 setzt voraus, dass die Mitgliedstaaten sich über die Bedrohungen und die Möglichkeiten, ihnen zu begegnen, beraten.
Unterdessen erklärte der stellvertretende Außenminister Arkadiusz Mularczyk im ersten Programm des Polnischen Rundfunks, dass „auf Polen großer Druck ausgeübt wurde, zuzugeben, dass es sich um einen Angriff Russlands handelte, wie der Premierminister mitteilte. Dies würde eine völlig andere Dynamik der Ereignisse in unserem Land und in der Welt bedeuten”.
Polen behauptet, dass die Explosion am Dienstag, dem 15. November in Przewodów das Ergebnis eines unglücklichen Unfalls war und dass eine ukrainische Flugabwehrrakete auf polnisches Gebiet fiel. Der polnische Präsident und die NATO haben jedoch keinen Zweifel daran, dass die Russische Föderation, die die Ukraine an diesem Tag massiv beschossen hat, letztlich die Schuld an dem gesamten Vorfall trägt.
Adrian Andrzejewski