Trotz seiner reichen Militärgeschichte hat Polen seine militärische Stärke nur selten auf eine umfangreiche Marineflotte gestützt. Eines der polnischen Militärschiffe, das in die Geschichte der Zweiten Polnischen Republik eingegangen ist, ist die ORP „Orzeł”.
Die Idee, ein modernes U-Boot anzuschaffen, entstand um 1933. 1936 wurde schließlich ein Vertrag mit den niederländischen Werften unterzeichnet, die zwei Schiffe der „Orzeł”-Klasse bauten (das zweite war ORP Sęp). Die „Orzeł” lief am 15. Januar 1938 vom Stapel. Der Bau s3wwurde von der Öffentlichkeit durch Sondersammlungen finanziert, die rund 8 Millionen Zloty einbrachten; der Rest wurde vom polnischen Staat mit landwirtschaftlichen Rohstoffen und Industrieprodukten gedeckt. Das Schiff war eine sehr moderne Konstruktion, die den meisten in der Ostsee verkehrenden U-Booten technisch und in Bezug auf ihre Einsatzfähigkeit überlegen war.
Während des Septemberfeldzugs 1939 nahm das Schiff nicht an Gefechten teil, sondern wich nur dem Beschuss aus. Das Problem war das Unwohlsein des Schiffskommandanten, Kapitänleutnant Henryk Kloczkowski, der sein Verhalten mit Krankheit erklärte. Damit Kloczkowski medizinisch versorgt und der Kompressor repariert werden konnte, lief das Schiff schließlich den Hafen von Tallinn im neutralen Estland an. Dort wurde das Kommando von Kapitän Jan Grudziński übernommen, den die estnischen Behörden über die Internierung des Schiffes informierten, woraufhin er gegen diese Entscheidung protestierte. In dieser Situation beschloss die Besatzung, heimlich aus dem Hafen zu fliehen, noch bevor die Esten den begonnenen Entwaffnungsprozess abgeschlossen hatten. Wie Helden eines Actionfilms sägten die polnischen Seeleute das Schiffstau an, betäubten die Wachen, zerstörten die für die Kommunikation mit dem Festland zuständigen Kabel und segelten — obwohl sie entdeckt und beschossen wurden — aus dem Hafen.
Das Schiff begab sich auf das offene Meer, wo es den zuvor geplanten Patrouillendienst durchführte. Nachdem ihr der Proviant und der größte Teil des Trinkwassers ausgegangen waren, erreichte die „Orzeł” das Vereinigte Königreich, wobei sie sich den Deutschen entzog, ohne die meisten von den Esten erbeuteten Waffen und Karten. Anschließend kämpfte das Schiff im Norwegenfeldzug. Im Juni 1940 sank sie leider unter ungeklärten Umständen mit ihrer gesamten Besatzung.