Das Museum POLIN hat in Zusammenarbeit mit der Firma Saatchi & Saatchi die Stimme einer jüdischen Frau, die den Zweiten Weltkrieg in Warschau überlebt hat, rekonstruiert. In einer dreistündigen Aufnahme, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt wurde, erzählt Stella Fidelseid mit ihrer eigenen Stimme vom Leben im Warschauer Ghetto. Ihr dreistündiger Bericht aus dem Ghetto ist auf der Website des Museums verfügbar.
Stefania Milenbach (Stella Fidelseid) war zur Zeit des Warschauer Ghettoaufstands im April 1943 eine 24-jährige Jüdin. Sie war eine der wenigen, die den Aufstand und die Liquidierung des Ghettos überlebten. Allein, durch eine Mauer von der Welt abgeschnitten, gequält von Hunger, Krankheit und Angst, hatte sie die Wahl, sich zu ergeben oder trotz geringer Überlebenschancen um ihr Leben zu kämpfen. Sie blieb in den Ruinen des Ghettos bis Dezember 1943, als sie die Mauer überquerte und auf die so genannte arische Seite gelangte.
Dank der künstlichen Intelligenz, die die Stimme der Autorin rekonstruiert hat, können wir den erschütternden Bericht, den sie niedergeschrieben hat, anhören. Die Stimme wurde auf der Grundlage von Archivaufnahmen aus dem Visual History Archive der USC Shoah Foundation, und zwar mit Zustimmung der Familie, rekonstruiert.
„Stella Fidelseid emigrierte nach dem Krieg nach Brasilien. Archivierte Videoaufnahmen von ihr auf Portugiesisch aus dem Jahr 1997 sind erhalten geblieben. (…) Auf der Grundlage dieser Aufnahmen konnten wir mit der Arbeit an einer digitalen Version der polnischen Stimme beginnen”, erklärt Michał Sęk, Chief Creative Officer, Saatchi & Saatchi.
Die Aufnahmen können auf dem Gelände des ehemaligen Warschauer Ghettos angehört werden, was dabei hilft, tiefer in den Inhalt der Erinnerungen einzutauchen. QR-Codes, die zu den Aufnahmen führen, finden sich auf Plakaten, die im Dezember an zehn Bushaltestellen angebracht wurden. Im Januar werden die Geschichten auf der Website des Projekts zum Anhören zur Verfügung stehen.
Stella Fidelseid ist eine der zwölf Heldinnen und Helden der Ausstellung „Ein Meer aus Feuer um uns herum. Das Schicksal der jüdischen Zivilbevölkerung während des Aufstands im Warschauer Ghetto”. Die Ausstellung ruft die Erinnerung an fast 50 000 Zivilisten wach, die sich 1943 im brennenden Ghetto versteckten. Sie kann bis zum 8. Januar 2024 besucht werden.
Arkadiusz Słomczyński