Als die absolute Herrschaft in vielen Ländern des modernen Europas zu dominieren begann, entwickelte sich in Polen und Litauen die Demokratie. Auch wenn es sich nur um den Adel handelte, so war es doch eine Besonderheit in den Regierungssystemen der damaligen Welt.
Am 7. Juli 1572 ist Sigismund II. August, König von Polen und Großfürst von Litauen, gestorben. Zuvor, im Jahr 1569, hatten sich die beiden Staaten zum Polen-Litauen (poln. Rzeczpospolita Obojga Narodów) zusammengeschlossen. Der Tod gehört zum natürlichen Lauf der Dinge, auch unter Königen. In diesem Fall bestand das Problem darin, dass Sigismund II. August keinen Nachkommen hinterließ, der den Thron besteigen konnte. Es gab also ein Interregnum.
Freie Wahlen als Mittel zur Beendigung eines Interregnums
Der Adel in Polen und Litauen beschloss, dieses Problem auf eine für die damalige Zeit unkonventionelle Weise zu lösen.
Es wurde beschlossen, dass ein Interrex, der Primas von Polen-Litauen, die Macht während des Interregnums übernehmen sollte. Der erste Interrex war Jakub Uchański, Erzbischof von Gniezno. Die Aufgabe des Interrex war unter anderem die Einberufung des Konvokationssejm (sejm konwokacyjny). Auf diesem Sejm entschieden die Adligen, welche Verpflichtungen der künftige König vor seiner Krönung eingehen sollte.
Danach wurde der Wahlsejm (sejm elekcyjny) einberufen. Zum ersten mal konnte an dem Sejm, der am 5. April 1573 begann, jeder Adlige aus Polen und Litauen teilnehmen. 6 bis 7 Tausend Adlige aus allen Teilen des Landes kamen, um ihre Stimme abzugeben. Auf dem Sejm erschienen auch die Thronanwärter oder ihre Vertreter. Auf dem ersten Wahlsejm gab es viele Kandidaten für den Thron der Rzeczpospolita. Zu ihnen gehörten Ernest Habsburg, Erzherzog von Österreich, Johann III. Wasa, König von Schweden, Iwan IV. der Schreckliche, Herrscher des Moskauer Staates, und Heinrich von Valois, Bruder von Karl IX., König von Frankreich.
Wer hat die Wahl gewonnen?
Der Adel begann abzustimmen. Jeder, der zum Wahlsejm kam, konnte an der Wahl teilnehmen — unabhängig von Vermögen oder Religion. Das Stimmrecht konnte nicht übertragen werden, weshalb die Wahl als frei bezeichnet wurde. Die Stimmabgabe erfolgte nach Woiwodsachaften. Das bedeutet, dass der Kandidat, der in einer bestimmten Woiwodschaft gewonnen hat, die Unterstützung dieser Region erhalten hat.
Als am 9. Mai 1573 die Stimmen ausgezählt wurden, stellte sich heraus, dass Heinrich von Valois von 22 Woiwodschaften unterstützt wurde, was zum Sieg reichte. Die Krönung fand am 21. Februar 1574 statt. Die Herrschaft von Heinrich von Valois dauerte jedoch nicht lange. Das Wahlsystem selbst, d. h. die Wahl der Regierenden durch freie Wahlen, erwies sich als dauerhafter als seine Herrschaft. Die freie Wahl wurde in Polen und Litauen bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beibehalten.