Nur noch bis zum 7. Januar zeigt das NS-Dokumentationszentrum in München die Ausstellung „Wichtiger als unser Leben: Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos”, die in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Historischen Institut in Warschau organisiert wurde.
Im Jahr 1940 riegelten die deutschen Besatzer einen großen Teil Warschaus ab und verschleppten die jüdische Bevölkerung aus der Stadt und den umliegenden Dörfern und Städtchen dorthin. Um diese Ereignisse für die Außenwelt und für die Nachwelt zu dokumentieren, initiierte der Historiker Emanuel Ringelblum eine beispiellose Aktion zur Sammlung von Materialien, die das Leben im Ghetto dokumentierten. Eine Gruppe von Wissenschaftlern, Schriftstellern und Aktivisten, die im Geheimen arbeitete, nannte sich Oneg Shabbat (Freude des Sabbat), und die Sammlung ist heute als Ringelblum-Archiv bekannt.
Das von Oneg Shabbat zusammengetragene Archiv ist ein einzigartiges und herausragendes Beispiel für jüdische Selbstbehauptung während des Holocaust und stellt den ersten Versuch dar, den von den Deutschen initiierten Massenmord an den europäischen Juden unmittelbar zu dokumentieren und anschließend zu archivieren.
Der ursprüngliche Zweck von Oneg Shabbat bestand einfach darin, das Leben im Ghetto, in dem Juden aus Warschau und weiteren polnischen Regionen, jüdische Deportierte aus Deutschland und aus den von Deutschen besetzten Ländern – darunter zum Christentum Konvertierte –, sowie Roma nebeneinander lebten, zu dokumentieren. Sie alle versuchten, unter den bedrückend überfüllten Bedingungen des geschlossenen Ghettos im Zentrum Warschaus zu überleben. Bis zu 450 Tausend Menschen waren gezwungen, unter unmenschlichen Bedingungen zusammenzuleben.
Es ist nicht bekannt, wie viele Menschen bei Oneg Shabbat gearbeitet haben; Wir wissen jedoch, dass nur drei von ihnen den Holocaust überlebt haben. Der größte Teil des Archivs ist erhalten geblieben, vergraben in einem Versteck unter den Ruinen des Ghettos.
Das Archiv umfasst etwa 35 000 Seiten mit Notizen, Tagebucheinträgen, Aufsätzen, Fotos, Zeichnungen, offiziellen Dokumenten und anderen Zeugnissen des Alltags. Es wird im Jüdischen Historischen Institut in Warschau aufbewahrt und wurde 1999 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Arkadiusz Słomczyński