Er war einer der aufopferungsvollsten Soldaten der Heimatarmee, ein erfahrener Verschwörer und ein langjähriger Gefangener im kommunistisch regierten Polen. In seinem langen und facettenreichen Leben nutzte Kazimierz Leski viele Gelegenheiten, um seinem Heimatland zu dienen und anderen zu helfen.
Er wurde 1912 in Warschau geboren, im russisch besetzten Gebiet des Königreichs Polen. Sein Vater war jüdischer Herkunft und seine Mutter stammte aus dem polnischen Adel. Der Ingenieur Juliusz Natanson-Leski nahm am Kampf um die Unabhängigkeit teil.
Die Jugend von Leski fiel in die Zeit der Wiedergeburt Polens. Nach dem Abitur begann er sein Studium an der renommierten Hipolit-Wawelberg-und-Stanisław-Rotwand-Ingenieurschule. Im Jahr 1935 schloss er sein Studium mit einem Diplom in Maschinenbau ab. Ein Jahr später arbeitete er in den Niederlanden als technischer Zeichner im Schiffbau, ohne dabei seine patriotischen Pflichten gegenüber Polen zu vergessen. Auch während seiner Arbeit im Westen versuchte Leski, zur Stärkung Polens beizutragen. Als er in die Abteilung für den Bau von U-Booten versetzt wurde, trug er zum Bau von Schiffen ORP „Sęp” und dem berühmten ORP „Orzeł”, wobei er wesentliche Verbesserungen in der Konstruktion einführte. Der junge Ingenieur war auch ein leidenschaftlicher Sportler. Sein großer Traum war es, zu fliegen. Nachdem er viele Hindernisse überwunden hatte, gelang es ihm, in die Reserveoffiziersschule der Luftstreitkräfte in Sadków bei Radom aufgenommen zu werden.
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Leski als Pilot eines Verbindungsflugzeugs vom Typ Lublin R-XVIII F eingesetzt. Seine Teilnahme an den Kampfhandlungen endete kurz nach dem Einmarsch der Sowjets in Polen. Am 17. September wurde der Pilot von Einheiten der Roten Armee abgeschossen und gefangen genommen. Es gelang ihm jedoch zu entkommen und sich nach Warschau durchzuschlagen.
Er wurde in der Widerstandsbewegung aktiv und schloss sich den Reihen der Geheimdienstorganisation „Musketiere” (Muszkieterzy) an. Leski, der unter dem Pseudonym „Bradl” agierte, war in dieser Organisation für die Spionageabwehr zuständig und schuf weitgehend das komplexe Sicherheitssystem der Organisation. Die Abteilung für Spionageabwehr mit Leski als einem ihrer Leiter ging in den Verband für den bewaffneten Kampf (Związek Walki Zbrojnej, ZWZ) über. Nach den Hypothesen einiger Historiker hat Leski die „Musketiere” für den Verband für den bewaffneten Kampf unterwandert, aber diese These ist nicht ausreichend belegt. Nach der Umwandlung des ZWZ wurde „Bradl” in die zweite Abteilung des Hauptquartiers der Heimatarmee versetzt. Zu Leskis Aufgaben gehörten die Vorbereitung der Kurierrouten in den Westen sowie Geheimdienst- und Spionageabwehraktivitäten.
Um die oben genannten Ziele zu erreichen, reiste der Verschwörer durch Europa (er erreichte unter anderem das besetzte Frankreich und Spanien) und nutzte dabei die Identitäten deutscher Offiziere, Verwaltungsangestellter und Unternehmen, die mit der Wehrmacht zusammenarbeiteten. Es handelte sich um eine sehr riskante Tätigkeit, aber der Agent beherrschte die deutsche Sprache und die deutschen Gebräuche sehr gut, was ihm in Verbindung mit seiner Intelligenz, seiner Kühnheit und den vom polnischen Untergrundstaat perfekt gefälschten Dokumenten eine Chance auf Erfolg gab. Einigen Meinungen zufolge soll Leski während seines Aufenthalts in Paris die Pläne für die deutschen Befestigungen des Atlantikwalls gestohlen haben, was jedoch in den Quellen nicht ausreichend bestätigt wird. Auf jeden Fall zeichneten ihn Mut und sogar Bravour in Verbindung mit einer gründlichen Vorbereitung der Mission aus.
„Bradl” kämpfte im Warschauer Aufstand und befehligte die nach ihm benannte Kompanie. Er kämpfte mit den Deutschen unter anderem im Bereich des südlichen Stadtzentrums. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wollte er den Widerstand nicht aufgeben und entkam aus der Kriegsgefangenenkolonne. Er setzte seine konspirativen Aktivitäten innerhalb der Strukturen der Heimatarmee und später der Delegation der Streitkräfte für Polen (Delegatura Sił Zbrojnych na Kraj) fort.
Nach dem Einmarsch der Sowjets in Polen wurde Leski, wie viele andere Soldaten des polnischen Untergrunds, zum Objekt des Interesses des kommunistischen Sicherheitsapparats. Im Jahr 1945 wurde er verhaftet. Es gelang ihm zwar zu fliehen, doch einige Monate später wurde er wieder festgenommen. Infolge eines Verfahrens gegen Offiziere des 1. Kommandos der Vereinigung Freiheit und Unabhängigkeit (Zrzeszenie Wolność i Niezawisłość) wurde er zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt, musste aber nach Verbüßung der Strafe weitere 12 Jahre wegen angeblicher Kollaboration mit den Besatzern im Gefängnis bleiben. Erst 1955 konnte er das Gefängnis aufgrund einer Amnestie verlassen.
Ab 1957 arbeitete er im Schiffbau und war in der Wissenschaft (über 150 Veröffentlichungen) und Rationalisierung (Autor zahlreicher Patente) tätig. Er war Redakteur beim Staatlichen Technischen Verlag und später Direktor des Zentrums für wissenschaftliche Information der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Wissenschaftlich befasste er sich auch mit der maschinellen Analyse und Synthese der in natürlicher Sprache verfassten Texten.
Leski wurde während seines langen Lebens mit den höchsten polnischen militärischen und zivilen Auszeichnungen geehrt. Er erhielt den Titel eines Ehrenbürgers der Stadt Warschau und wurde zum Ehrenvorsitzenden des Verbands der polnischen Erfinder und Rationalisatoren ernannt. Das Institut Yad Vashem zeichnete ihn mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern” aus. Von 1994 bis 1997 war er Präsident der Vereinigung der Warschauer Aufständischen. Neben wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichte er unter anderem die mehrfach nachgedruckten Memoiren mit dem Titel „Życie niewłaściwie urozmaicone. Wspomnienia oficera wywiadu i kontrwywiadu AK”, (dt. Ein unangemessen vielfältiges Leben. Memoiren eines Offiziers des Nachrichtendienstes und der Spionageabwehr der Heimatarmee). Kazimierz Leski starb im Jahr 2000 in Warschau und wurde auf dem Powązki-Friedhof beigesetzt.