Bereits in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts machte der spätere Präsident der Zweiten Polnischen Republik zahlreiche Entdeckungen auf dem Gebiet der Chemie und der Elektrizität. Er war Erfinder einer Methode zur einfachen Gewinnung von Salpetersäure und konstruierte Hochspannungskondensatoren. Sein Patriotismus, umfangreiches Wissen und organisatorische Erfahrung hatten einen großen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg Polens in der Zwischenkriegszeit.
Ignacy Mościcki wurde am 1. Dezember 1867 geboren und stammte aus einer Familie des Landadels mit aufständischen Traditionen. Nach dem Abschluss einer Realschule in Warschau studierte er an der Fakultät für Technische Chemie der Technischen Universität Riga, wo er 1891 seinen Abschluss machte. Um der Verhaftung durch die russischen Behörden zu entgehen, floh er nach London und machte die Bekanntschaft mit Józef Piłsudski. Er arbeitete als Friseur, Schreiner und auch als Verkäufer von Kefir, den er vor allem an jüdische Emigranten vertrieb. Er beschloss, in die Schweiz zu ziehen, wo er sich einer neuen Disziplin — der physikalischen Chemie — zuwandte. Im Jahr 1912 zog er nach Lemberg und begann an der dortigen Technischen Universität zu arbeiten. Als herausragender Wissenschaftler und Autor zahlreicher Patente verstand er es, akademische Theorie mit technischer Praxis zu verbinden. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens im Jahr 1918 war er eine anerkannte Autorität und organisierte die polnische Chemieindustrie von Grund auf (z. B. als Direktor der Fabrik für Stickstoffverbindungen in Chorzów). Im Jahr 1926 wurde Mościcki zum Präsidenten der Republik Polen gewählt.
Als Präsident war er weithin für seine Eleganz und Würde im Amt geachtet. Bekannt wurde er als Mitbegründer der beschleunigten wirtschaftlichen Entwicklung in der Zweiten Polnischen Republik und vor allem als Mitinitiator des Aufbaus der Zentralen Industrieregion (Centralny Okręg Przemysłowy, COP), der die Selbstversorgung des Landes mit Rüstungsgütern sicherstellen und 110 Tausend Arbeitern Arbeit geben sollte. Dazu gehörte auch ein von Grund auf neu errichtetes großes Chemiekombinat in der Nähe von Tarnów, das bald Mościce heißen sollte.
Nach dem Überfall Sowjetrusslands auf Polen am 17. September 1939 reiste Mościcki nach Rumänien aus, gab sein Amt als Präsident auf und blieb in der Schweiz, wo er seine wissenschaftliche Arbeit und seine Forschungen über neue Methoden der Lebensmittelkonservierung fortsetzte. Er starb am 2. Oktober 1946 in Versoix bei Genf. Sein Leichnam wurde 1993 in die Heimat überführt und in der Präsidentengruft der Johanneskathedrale in Warschau beigesetzt.