In der Zwischenkriegszeit lebten in der Zweiten Polnischen Republik 2,7 bis 3,1 Millionen Juden — etwa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung Polens. In manchen Ortschaften machten sie 100 Prozent der Bevölkerung aus.
Im Jahr 1939 griff Deutschland Polen an und begann den Zweiten Weltkrieg. Die von der deutschen Terrormaschine entfesselte Hekatombe von Menschenleben veränderte das Gesicht der polnischen Bevölkerung für immer. Ganze Bevölkerungsgruppen — darunter die große Mehrheit der Juden, die polnische Staatsbürger waren — verschwanden im Zuge der Vernichtung.
Zwei Volkszählungen
Während der Zweiten Polnischen Republik (1918-1939) wurden 1921 und 1931 zwei Volkszählungen durchgeführt. Bei der ersten wurde unter anderem gefragt, ob sich eine Person als Jude identifizierte und welche Sprache sie sprach. Der Fragebogen enthielt auch das Kriterium der Staatsangehörigkeit. Aus den Volkszählungsunterlagen ging hervor, dass auf dem Gebiet des polnischen Staates etwa 3 Millionen Juden lebten, die zu dieser Zeit etwa 10 Prozent der polnischen Bevölkerung ausmachten.
Es lebten dort nur Juden
Laut Statistik gab es 1921 in Polen zwei Dörfer, die ausschließlich von Juden bewohnt waren: Iwaniki und Kolonia Synajska. Beide Dörfer liegen heute in Weißrussland — das erste in der Oblast Brest, als Teil des Dorfes Posienicze, und das zweite ist heute Teil des Dorfes Krzywicze (Oblast Hrodna).
Das Dorf Iwaniki wurde im 19. Jahrhundert infolge der administrativen Maßnahmen des zaristischen Russlands gegründet. In der Zwischenkriegszeit lebten dort 235 Juden. Diejenigen, die nach dem Einmarsch der Deutschen nicht flüchteten, wurden von ihnen ermordet. Heute gehört diese Ortschaft vollständig zum Dorf Posienicze.
Kolonia Synajska hatte nur 78 Einwohner. In den 1930er Jahren beschlossen einige Familien, nach Palästina (Rischon LeZion und Petach Tikwa) zu gehen. Diejenigen, die blieben, überlebten den Zweiten Weltkrieg nicht. Die Deutschen deportierten sie in das Ghetto Dereczyn und ermordeten sie dort.