Während der deutschen Besatzung gab es in fast jeder größeren polnischen Stadt ein Gebäude, in dem die geheime Staatspolizei ihr Hauptquartier hatte. Schon von weitem erregten sie Schrecken und wurden umgangssprachlich oft als „Folterkammern” bezeichnet, weil dort politische Gefangene festgehalten, verhört, geschlagen und bestialisch gefoltert wurden. Eine große Zahl von Häftlingen kam nich lebend aus den Händen der Folterer. In Zakopane wurde ein solcher Ort „Folterkammer von Podhale” genannt. Hier befand sich das Hauptquartier der Gestapo in einer Vorkriegsvilla mit dem anmutigen Namen „Palace”.
Die imposante Backsteinvilla steht noch heute in der Chałubińskiego-Straße 7. 1930 diente sie als Gästehaus. Zuvor stand an ihrer Stelle ein Holzgebäude, das 1928 einem Brand zum Opfer fiel. Der Besitzer von „Palace” war Doktor Włodzimierz Schneider.
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs siedelten sich die Deutschen im Oktober 1939 in der Villa an und änderten den Namen der Straße in Tatra-Straße. Am Gebäude wurde folgendes Schild angebracht: Kommandant der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes im Distrikt Krakau. Grenzpolizeikommissariat in Zakopane. Dann wurden die Keller recht schnell zu Gefängniszellen umfunktioniert, indem die Fenster vergittert wurden.
Im Sitz der Gestapo arbeiteten etwa 40 Personen. Die Gefangenen wurden in 6 Zellen und in einer dunklen Kammer untergebracht, wo sie mit Handschellen an die Wände gefesselt waren.
Insgesamt durchliefen etwa 2 000 Polen das Gestapo-Gefängnis, von denen 300-400 ums Leben kamen. Die Häftlinge wurden hauptsächlich im hinteren Teil des Gebäudes erschossen. Eines der deutschen Opfer war die 23-jährige Helena Marusarzówna — vor dem Krieg eine hervorragende polnische Skimeisterin und Bergsteigerin. Die Gestapo verhaftete sie wegen des Verdachts, dem Verband für den bewaffneten Kampf (Związek Walki Zbrojnej) anzugehören und im Untergrund als Meldegängerin zu arbeiten. Marusarzówna wurde in vielen Gefängnissen gefoltert, darunter Muszyna, Nowy Sącz, Tarnów und Krakau. Sie hat niemanden verraten. Sie wurde 1941 erschossen.
Eine weitere junge Gefangene, die an diesem schrecklichen Ort landete, war die 18-jährige Helena Błażusiak. Jahre später lautete die Inschrift, die sie in ihrer Zelle hinterlassen hatte: „Mama, weine nicht, weine nicht… Reine Himmelskönigin, unterstütze mich immer. Ave Maria”. Dieser Text inspirierte Jahre später den Komponisten Henryk Górecki zu seiner „Symfonia pieśni żałosnych” (dt. Symphonie der traurigen Lieder).
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde „Palace” von den sowjetischen und kommunistischen Diensten — dem NKWD und dem Sicherheitsbüro — für ihre Zwecke übernommen. Wieder einmal begann dort die Folterung von Polen …