Bevor Hitler und seine Armeen 1939 den polnischen Staat angriffen und der Septemberfeldzug begann, fanden auf polnischem Boden Handlungen statt, die mit der Umsetzung der deutschen Politik gegenüber Polen zusammenhingen und Vorwände lieferten, um das Land der Verfolgung der deutschen Minderheit und territorialer Ansprüche zu bezichtigen. Sie waren die Hauptwaffe in der psychologischen Kriegsführung des Führers des Dritten Reiches gegen den polnischen Staat.
Die ersten feindseligen Initiativen gegen Polen, die von den Führern der nationalsozialistischen Politik eingeleitet wurden, entstanden 1933, d. h. nach Hitlers Machtübernahme. Von da an wurde die deutsche Minderheit, die in der Zweiten Polnischen Republik lebte, hauptsächlich zur Subversion angeworben. Die so genannte fünfte Kolonne bildete geheime Naziorganisationen, die für ethnische Unruhen sorgten. Die polnischen Gegenaktionen hingegen wurden von der deutschen Propaganda als Beweis für Repressionen gegen die deutsche Bevölkerung herangezogen.
Deutsche Provokationen fanden 1939 vor allem in der Freien Stadt Danzig und in den Grenzgebieten von Pommern und Oberschlesien statt. Nachdem das Dritte Reich im März 1939 Klaipėda besetzt hatte, forderte die fünfte Kolonne den Anschluss Danzigs an Hitlers Staat. Es begann der so genannte „Krieg der Nerven” — in den Straßen der Stadt tauchten Nazi-Schlägertrupps auf, und an den Eingängen von Geschäften wurden provokative Aufschriften angebracht, wie z. B.: „Zutritt für Hunde und Polen verboten”.
In den folgenden Monaten eskalierten die Spannungen, wobei die Konfrontationen von deutscher Seite immer heftiger und brutaler wurden. Am 20. Mai kam es zu einem bewaffneten Angriff auf den polnischen Zollposten in Kalthoff, und am 18. Juni erklärte der deutsche Propagandachef Josef Goebbels in einer Rede in Danzig, dass „die deutsche Stadt Danzig bald zum Reich zurückkehren wird”. Im August organisierten die deutschen Kampftruppen erneut eine größere Aktion. Diesmal handelte es sich um den Versuch, polnische Zöllner an der Grenze zu Ostpreußen an der Erfüllung ihrer Aufgaben zu hindern. Darüber hinaus kam es zu einer Reihe von Vorfällen, die darauf abzielten, die polnische Gesellschaft einzuschüchtern und in starke Unruhe zu versetzen. So schrieb zum Beispiel eine polnische Zeitung: „An der Grenze zwischen Danzig und Polen kam es zu einem neuen Vorfall deutscher Provokation, und zwar wurden kurz nach 21.00 Uhr aus der Richtung Sopot nach Orłowo ohne den geringsten Grund mehrere Serien von Schüssen aus Maschinengewehren und mehrere Schüsse aus einem Gewehr abgegeben”.
Im Sommer 1939 verübten Sabotagetruppen zahlreiche Anschläge auf Grenzposten, Bahnhöfe und Fabriken im Grenzgürtel — in der Nähe von Rybnik, Katowice, Koscierzyna und Mława. In der Zwischenzeit wurden auch Zeitbomben in deutschen Schulen und Gebäuden angebracht und deutsches Eigentum in Brand gesetzt. Diese Handlungen sollten den Eindruck erwecken, dass in Polen feindliche Aktionen gegen die Deutschen organisiert wurden, um sie regelmäßig zu verfolgen.
In der letzten Woche vor dem Ausbruch des Krieges reichte die deutschen Diversion bis tief ins Land hinein. Eine Zeitbombe explodierte auf dem Bahnhof von Tarnów. Bei dem Terroranschlag wurden rund 20 Menschen getötet. Die Zahl der Opfer war geringer, weil der Zug Verspätung hatte und sich daher weniger Menschen auf dem Bahnhof befanden. Der Anschlag wurde von einem arbeitslosen Schlosser verübt. Seine Mutter war eine Deutsche und sein Vater ein Pole, der im Ersten Weltkrieg gefallen war. Er wurde für seine Tat bestraft. Nach Ausbruch des Krieges wurde er wahrscheinlich hingerichtet.
Außerdem drang am 26. August im Morgengrauen ein deutsches Militärkommando von der slowakischen Seite nach Polen ein und griff den Bahnhof in Mosty und den Tunnel unter dem Jablunkapass an. Als die Angreifer von der polnischen Einheit gefangen genommen wurden, erklärte der deutsche Kommandeur, dass der Krieg gegen Polen begonnen habe. Dies war Hanz Herzner, der eine Gruppe von etwa 30 Männern anführte. Während der Aktion schossen sie auf die Hüttenarbeiter, die in Trzynietz zur Arbeit gingen. Zum Blutvergießen kam es nicht, weil zum einen die deutsche Seite die Aktion abbrach, ohne dass Herzner, der die Information zu spät erhielt, davon wusste, und zum anderen die polnische Telefonistin auf der Bahn in Mosty unmittelbar nach dem Angriff reagieren und ihre Vorgesetzten anrufen konnte.
Die berühmteste Aktion der langen Liste deutscher Provokationen aus dem Jahr 1939, die unter „falscher Flagge” durchgeführt wurden, ist der Angriff auf die deutschen Radiostation in Gleiwitz. Dies geschah am 31. August durch eine SS-Einheit (unter Beteiligung von kriminellen Häftlingen), die in polnische Militäruniformen verkleidet waren. Während der Aktion wurde zu einem Aufstand gegen die Deutschen aufgerufen. Das Ereignis ist in der polnischen Geschichtsschreibung als „Gleiwitzer Provokation” bekannt. Sie wurde auf Hitlers Befehl vom Chef des SD und der Sicherheitspolizei Reinhard Heydrich vorbereitet. Die Aktion stand unter dem Kommando von Alfred Helmut Naujocks, einem SD-Offizier. Der Angriff wurde mit dem Codewort „Großmuter gestorben” eingeleitet. Während der Aktion stießen die Deutschen auf einige Hindernisse — ein fehlendes Mikrofon und andere technische Probleme. Nur einige der von den Provokateuren gesprochenen Worte erreichten die Radiohörer: „Achtung, hier ist Gliwice. Der Radiosender ist in polnischer Hand…”.
Hitler nutzte die Ereignisse in Gleiwitz, um Polen der Invasion zu beschuldigen und ein Ultimatum anzukündigen. Dies geschah am selben Tag, d. h. um Mitternacht des 31. August, kurz vor Beginn der regulären Feindseligkeiten. Am nächsten Tag, d. h. am 1. September, sagte er im Reichstag dagegen: „An diesem Tag eröffneten die polnischen regulären Streitkräfte zum ersten Mal das Feuer auf unserem Gebiet. Seit 5.45 Uhr [sic] haben wir mit Feuer geantwortet”.