Wer war der Jude, der etwa 700 Bücher, vor allem polnische Literatur, z. B. von Stefan Żeromski, Antoni Słonimski, Julian Tuwim, Janusz Korczak, Bolesław Leśmian, veröffentlichte?
Am 25. März 1876 wurde Jakub Mortkowicz in Opoczno als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Er studierte in München, Brüssel und Antwerpen, wo er die Handelsakademie absolvierte und in polnischen sozialistischen Kreisen aktiv wurde. Nach seiner Rückkehr nach Polen arbeitete er in der Bank von Hipolit Wawelberg. Er setzte seine politischen Aktivitäten fort, verbreitete illegale Presse und leistete Aufklärungsarbeit, wofür er von den russischen Teilungsmächten verhaftet, inhaftiert und anschließend in den Kaukasus verbannt wurde, von wo er nach einigen Monaten nach Polen zurückkehrte.
Seine Buchs- und Verlagstätigkeit begann 1903, als er mit Henryk Lindenfeld und Gabriel Centnerszwer eine Partnerschaft einging. Wegen der Zensur, die eine Veröffentlichung in der russischen Teilung erschwerte, nutzten die Partner die Druckereien in Krakau. Um sein Geschäft zu rationalisieren, kaufte Mortkowicz 1911 die Nationale Druckerei und wurde 1912 alleiniger Eigentümer des Unternehmens.
Als Liebhaber der polnischen Kultur wurde er berühmt, weil er nicht nur geisteswissenschaftliche Arbeiten, sondern vor allem die Werke zahlreicher Schriftsteller und Dichter, Prosaschriftsteller, Dramatiker und Publizisten veröffentlichte. Er unterstützte Maler und Grafiker, förderte die polnische Kunst auf internationaler Ebene und den Weltkanon der Literatur in Polen. Kunstpublikationen, reich illustrierte Ausgaben mit Reproduktionen polnischer Künstler, waren Mortkowicz‘ große Liebe. Außerdem war er Mitbegründer des Unternehmens „Ruch“, das Zeitschriften, Bücher und Schreibwaren im ganzen Land vertrieb.
Während der großen Wirtschaftskrise geriet der Verlag in finanzielle Schwierigkeiten, die Mortkowicz‘ Gesundheitsprobleme verursachten. Er ist in Depression verfallen und hat am 9. August 1931 Selbstmord begangen. Der Verlag, der unter verschiedenen Namen firmierte, überlebte bis 1950 und prägte die polnische Verlags- und Buchhandelslandschaft.